Versuch einer wissenschaftlichen Begründung der Psychologie
VERSUCH EINER WISSENSCHAFTLICHEN BEBGRÜNDUNG DER PSYCHOLOGIE VON PROF. Dr. P. JESSEN. BERLIN, VERLAG VON VEIT & COMP. 1855. Seinem Freunde dem Geh. Medicinalrathe Dr. C. Flemming in Schwerin gewidmet von dem Verfasser. An Flemming. Als ich mir die Erlaubnis erbat, mein verehrtester Freund, Ihnen das vorliegende Werk widmen zu dürfen, hegte ich die Hoffnung, dass es verdienen werde, unter Ihren Auspicien zu erscheinen. Jetzt, da es vollendet vor mir liegt, bin ich zweifelhaft geworden, ob ich nicht besser gethan hätte, es ungedruckt zu lassen. Abgesehen von manchen Einzelheiten, welche ohne gehörige Ueberlegung der flüchtigen Feder entflossen sind, befriedigt mich weder die Form, noch der Inhalt des Ganzen; in ersterer vermisse ich die strenge wissenschaftliche Ordnung, in letzterem mehr oder weniger die Gründlichkeit des Nachdenkens. Ich muss mich dabei beruhigen, dass ich es nicht für eine wissenschaftliche Bearbeitung der Psychologie ausgebe, sondern nur für einen Versuch einer Begründung derselben, und dass erste Versuche gewöhnlich mangelhaft und unvollkommen ausfallen. Dass ich bei abermaliger Durcharbeitung des Werkes demselben eine vollendetere Gestalt zu geben vermöchte, erkenne ich deutlich; ob ich aber den betretenen Weg weiter verfolgen, oder Zeit und Kräfte lieber anderen Zweigen unserer Wissenschaft zuwenden soll, wird von der Aufnahme abhängen, welche diesem Versuche zu Theil wird. Möge er denn hinaustreten in die Welt, Beifall oder Missfallen, Anerkennung oder Tadel finden, wie er es verdient. Bei Ihnen darf er jedenfalls auf eine freundliche Aufnahme rechnen, und es gereicht mir zur besonderen Freude, dass ich diese Gelegenheit dazu benutzen kann, die Liebe und Hochachtung öffentlich auszusprechen, welche ich für Sie empfinde. Hornheim bei Kiel, den 5. Mai 1855. Dr. P. Jessen. I n h a l t. Seite Einleitung l Erster Teil. Von dem Seelenleben im Allgemeinen. Erstes Kapitel. Begriff des Seelenlebens 46 Zweites Kapitel. Wesen und Entwicklungsstufen des Seelenlebens 63 Drittes Kapitel. Von den Seelenkräften im Allgemeinen 112 Zweiter Teil. Von dem menschlichen Seelenleben 142 Erster Abschnitt. Von dem Seelenleben des Menschen im wachenden Zustande 166 Erstes Kapitel. Von den Unterschieden des Seelenlebens oder den verschiedenen Seelenkräften 177 I. Von den Funktionen des Geistes oder der Intelligenz 177 1) Sinnestätigkeit 246 2) Verstandestätigkeit 249 3) Vernunfttätigkeit 252 II. Von den Funktionen des Gemüts 264 1) Gemeingefühl 286 2) Selbstgefühl 289 3) Moralisches Gefühl oder Gewissen 310 III. Von den Funktionen des Willens 330 1) Instinkt 354 2) Willkür 357 3) Freier Wille 362 Zweites Kapitel. Von den Verhältnissen der Seelenkräfte zu einander. I. Entgegensetzung von Geist und Gemüt 366 II. Identität von Geist und Gemüt 371 III. Wechselwirkung von Geist und Gemüt 374 Drittel Kapitel. Von den Zusammenhange der Seelenkräfte. I. Von dem Kreislaufe der Ideen und der Nerventätigkeit 394 II. Von dem Selbstbewusstsein und Gedächtnis . 471 III. Von der Selbsttätigkeit oder Spontaneität der Seele 497 Zweiter Abschnitt. Von dem Seelenleben des Menschen im träumenden Zustande 504 Erstes Kapitel. Vom Traume 509 Zweites Kapitel. Vom Delirium 554 Drittes Kapitel. Vom Nachtwandeln und Schlafreden 570 Viertes Kapitel. Von der Ecstase 633 Fünftes Kapitel. Von dem Traumwachen oder magnetischen Somnambulismus 691