Wissenschaft und Bildung
Einzeldarstellungen aus allen Gebieten des Wissens
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Wissenschaftlicher
Okkultismus 
Von Dr. August Messer o. Professor a. d. Universität Gießen 1927 Verlag von Quelle & Meyer in Leipzig Dem tapferen und unermüdlichen Vorkämpfer wissenschaftlicher Erforschung des Okkulten Dr. med. Albert Freiherrn von Schrenck-Notzing in aufrichtiger Hochschätzung zugeeignet Vorwort Gegenüber dem weiten Gebiet des „Okkulten“, das heißt: gewisser Erscheinungen, die wir vorläufig noch nicht nach den uns bekannten Naturgesetzen erklären können, besteht noch ein scharfer Gegensatz der Stellungnahme. Hier schroffe Ablehnung, hervorgehend aus der Überzeugung, alles sogenannte Okkulte beruhe auf Betrug, Schwindel oder mindestens Selbsttäuschung, dort unerschütterliche Gläubigkeit, verbunden mit der Zuversicht, daß dieser Glaube für die Mensch edelste Befriedigung und sittliche Läuterung bedeuten könne. Solchen (Extremen gegenüber will iese Schrift eine mittlere Richtung einschlagen. Auf Grund des Studiums der okkultistischen Literatur wie durch eigene Beobachtungen bin ich zu der Ansicht gekommen, daß okkulte Erscheinungen, wenigstens in gewissem Umfang, so gut bezeugt sind, daß ihre Wirklichkeit und Echtheit mit guten Gründen behauptet werden kann. Mindestens sollten sie von den Vertretern unserer Wissenschaft in weit höherem Grade als bisher es geschieht, ernst genommen und zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gemacht werden. Durch schroffe Ablehnung und vornehmes Ignorieren kommen wir nicht weiter. Wir müssen auch in Deutschland über den Zustand hinaus kommen, daß ein Gelehrter in Gefahr ist, sein wissenschaftliches Ansehen zu erschüttern oder einzubüßen, wenn er unvoreingenommen okkulte Vorgänge untersucht und wohl gar zu dem Ergebnis kommt, sie seien echt. Solange sich die Vertreter öer Wissenschaft von diesem ganzen Gebiet zurückhalten, ist es nicht zu verwundern, daß Dilettantismus, kritiklose Gläubigkeit, daß bewußter und unbewußter Betrug und Selbsttäuschung auf ihm sich breit machen. Erst wenn wir hier in wissenschaftlicher Erforschung und Feststellung des Tatsächlichen noch erheblich weiter gekommen sind als jetzt, können wir hoffen. Echtes und Unechtes sicher zu scheiden und für das Echte überzeugende Erklärungen zu finden; erst dann können wir auch zu einem gesicherteren Urte die Bedeutung des Okkulten für unsere ganze Welt- und Lebensanschauung gelangen. Zu solcher Erforschung will dies Buch die nötigsten Vorkenntnisse bieten, durch einen historischen und systematischen Überblick über das sogenannte Okkulte und über die Versuche es zu erklären und durch Einführung in die wissenschaftlich beachtenswerte Literatur darüber. Es will zugleich jedem denkenden Leser ermöglichen, sich über den Okkultismus zu orientieren und aus eigenem Urteil innerlich Stellung zu ihm zu nehmen. 11. Februar 1927. August Messer Inhalt Vorwort V I. Geschichtlicher Überblick 1 1. Okkultistisches vom Anfang unserer Kulturentwicklung bis zur Aufklärungszeit 1 2. Kant und die idealistische Philosophie in ihrem Verhältnis zum (Okkultismus 3 3. Der Okkultismus in Nordamerika, Frankreich und England seit Mitte des 19. Jahrhunderts 8 4. Der Okkultismus in Deutschland seit Mitte des 19. Jahrhunderts.19 II. Die parapsychischen Erscheinungen 27 1. Telepathie und Gedankenlesen 27 2. Hellsehen 34 III. Die paraphysischen Erscheinungen 59 1. Klopflaute und ähnliches 60 2. Fernbewegungen (Telekinesien) 68 3. Materialisationen 73 IV. Die Medien 86 V. Erklärungsversuche 98 1. Die Betrugshypothese 98 2. Die Theorie des Animismus 108 3. Die Theorie des Spiritismus 116 Anmerkungen 123 Literaturangaben 133 Sachregister 149