Paradigmenwechsel

Der übergreifende Paradigmenwechsel in den Visualisierungstechnologien ist für das Programm IT-Forschung von entscheidender Bedeutung. Es handelt sich dabei um die wichtigste und zugleich generelle Entwicklung, die das Programm in besonderem Maße trifft.

Diese Dimension kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden, denn hier geht es um die Relativierung der Schriftsprache, und zwar in Bezug auf eine operationalisierte Visualisierung in allen Wahrnehmungs- bzw. Sinnesebenen. So kommt es zu einer gravierenden Umstrukturierung menschlicher Leitsysteme, sowohl in der kognitiven Ausrichtung als auch deren motorischen Repräsentationen.

Mit der Entwicklung des Films im vergangenen Jahrhundert und den beginnenden Möglichkeiten der Computermodellierung und -animation entstanden neue Lernmethoden der Visualisierung. D.h. "naturadaptiertes" Lernen konnte zunehmend zeit-, modalitäts- und dimensionsübergreifend erfahrbar gemacht werden.

Diese Entwicklung prägt sich folgerichtig weiter aus. Sowohl algorithmisch gesteuerte Vorgänge und Bewegungen als auch kausale Zusammenhänge und integrierende Fragestellungen werden von dieser Art der Wissensbildung förmlich aufgesogen.

Eine zunehmend größere Menge an Informationen wird nicht mehr über schriftsprachliches Lesen angeeignet und vermittelt. Vielmehr erfolgt eine Wahrnehmung insbesondere über visuelle und auditive Ebenen. Hier wirken digitale Medien wie CD oder Video direkter bzw. effizienter. Parallel dazu wächst die Verfügbarkeit über Informationen, Methoden und Wissen - für das Individuum ins Unermessliche.

Die anforderungsbedingten Änderungen haben für den Menschen grundlegende Auswirkungen auf verschiedenste Bereiche. Einige Punkte sollen hierzu erwähnt werden:

Lernen

Die "Verkürzung" des Lernaufwandes schafft andere mentale Distanzmaße, sowohl in der internen Repräsentation als auch in der funktionalen Verfügbarkeit. Es entstehen andere Denkmuster und Verarbeitungshierarchien. Diese bedürfen neuer Einordnungen in persönlichkeitsbildende Strukturen, insbesondere zur langfristigen Ausrichtung.

Verständnis arbeitsteiliger Prozesse

Äußerst komplexe Prozesse wie die Diagnostik durch bildgebende Verfahren in der Medizin verlangen, daß alle Teilgebiete in ihrer Plausibilität so integriert werden, daß jeder Beteiligte die auftretenden Wechselwirkungen selbst ermessen kann.

Diese Abstimmung zueinander von Hard- und Software, Meßgeräten und den dabei verwendeten Medien (Kontrastmittelwirkungen, visuelle, auditive u.a. gewonnene Daten) befindet sich meist noch in unzureichenden Entwicklungsstadien (z.B. Wechselwirkungen physikalischer versus biologischer Reiz- und Reaktionsgrößen, insbesondere hinsichtlich der Aufwärtskompatibilität von Daten).

Gesundheitserhaltung

Ein Hauptpunkt für die IT-Forschung ist die Entwicklung ganzheitlicher Sichtweisen, d.h. das für den Nutzer bzw. Patienten "ballastfreie" Verständnis biopsychischer Zusammenhänge für Training, Therapie und Rehabilitation.

Dieses Gebiet dient insbesondere der Prophylaxe in unterschiedlichem Lebensalter und verschiedenen Situationen.

Produktentwicklungen

Die genannten Entwicklungen machen auch beim Kaufverhalten nicht Halt, weil Rezeptions- und Verhaltensweisen sowie Wertmaßstäbe unmittelbar betroffen sind.

Gemessen an den IT-Gründungen vergangener Jahre und den Maßstäben einer zeitgemäßen Akzeptanzforschung kann dieser Bereich nur als vorsintflutlich angesehen werden. Der Grund liegt in der nahezu gänzlichen Nichtbeachtung der Heterogenität der Produkte, ihrer Spektrenausbreitung und u.a. ihrer noch nicht vorhandenen Reife.

Ungeachtet dieses Paradigmenwechsels, aber durch ihn gefördert, stellt sich die Frage der konsequenten Umstellung auf offene bzw. freie Software, da mit kommenden Technologien gleichsam organismische Anforderungen erfüllt werden müssen.

Weitere differentielle Probleme bzw. konkrete Abfolgen für Projekte können erläutert werden.

 

Wieland Zumpe

Gegenwärtiger Bearbeitungsstand: 31.03.2002